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Wie es zur Renovation kam

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Am Anfang dieses grossen Werkes stehen zwei verhältnismässig kleine Dinge: die unzuverlässige, schliesslich ganz versagende Heizung und das nicht mehr recht befriedigende Harmonium zur Begleitung des Gemeindegesanges.

Schon anlässlich meines Pfarreinsatzes im Januar 1955 zeigte die Heizung ihre Tücken: Etwa eine Stunde vor Gottesdienstbeginn wollte ich mich in der Kirche etwas umsehen, öffnete die Türe und prallte zurück: die Kirche war voller Rauch! Durch starkes Lüften liess sich der Rauch soweit vertreiben, dass die Feier ungestört vonstatten gehen konnte. Es war nicht das erste Mal gewesen, dass diese Heizung sich unliebsam bemerkbar machte und es war leider auch nicht das letzte Mal. Im Winter 1961/62 war es nötig, sie für teures Geld zu reparieren, und die Gottesdienste mussten für ein paar Sonntage ins Schulzimmer verlegt werden.

Das entscheidende Ereignis, welches das Schicksal dieser Heizung besiegelte, geschah am 25. November 1962: Während der Sonntagsschule, eine Stunde vor dem Gottesdienst, sank dein Mädchen bewusstlos von der Bank zu Boden. Meine Frau, die Sonntagsschullehrerin, dachte zunächst an einen Scherz, schöpfte dann aber Verdacht, da die andern Kinder über Kopfweh klagten. Schnellstens verliessen alle die Kirche, wobei einige Kinder bereits halb getragen werden mussten; draussen verloren auch sie noch das Bewusstsein. Der sofort herbeigerufene Arzt stellte eine Gasvergiftung fest. Das Heizgebläse hatte statt warmer Luft Kohlenmonoxyd in die Kirche geblasen!

Trotz dieser dramatischen Ereignisse konnte mit geringer Verspätung doch noch ein Gottesdienst im Schulhaus gehalten werden. Es war gerade der Totengedenktag, und wie knapp waren unsere Sonntagsschüler an der Todesgefahr vorbeigekommen! Zum Glück hatten sich bis zum Abend alle wieder erholt.

Gleich nach dem Gottesdienst trat der Gemeinderat zusammen und beschloss, die Fertigstellung des Gemeindehauses zu beschleunigen, sodass vom nächsten Sonntag an für die Gottesdienste der schöne Gemeindesaal benützt werden konnte. Während der kommenden fünf Winter und während der ganzen Zeit der Kirchenrenovation diente nun dieser helle, freundliche Raum für alle kirchlichen Anlässe, dazu zeitweise auch für die Schule. Damit erreichte er eine Frequenz, die sich sicher niemand hätte träumen lassen, als man seinerzeit beschloss, ein Gemeindehaus mit Saal zu bauen. Wir möchten an dieser Stelle der politischen Gemeinde unseren Dank für ihr Entgegenkommen aussprechen.

Für die Kirchenpflege bedeutete diese Gasvergiftung, dass sie sich ernstlich mit einer Erneuerung oder mit dem Ersatz der Heizung befassen musste.

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Der Ersatz des Harmoniums durch eine Orgel war zwar nicht so dringlich wie die Reparatur der Heizung; aber es war doch schon lange davon gesprochen worden. Dorf dürfte ja eine der letzten zürcherischen Gemeinden sein, die sich noch mit einem Harmonium beholfen hat.

Zur Sprache kam die Orgelfrage in der Kirchenpflege, als der Organist aus Buch uns auf die Ausschreiung einer Occasionsorgel im Organistenblatt aufmerksam machte. Diese Orgel erwies sich dann zwar als ungeeignet. Aber der Gedanke an eine Orgel hatte doch soweit Fuss gefasst, dass anfangs 1960 ein Orgelfonds geschaffen werden konnte mit einer jährlichen Einlage aus dem ordentlichen Verkehr von Fr. 250.-. Das war ein bescheidener Anfang, aber das Bestehen eines solchen Fonds hatte zur Folge, dass die Bevölkerung darauf aufmerksam wurde und dass hin und wieder eine Spende einging; auch einige Kollekten konnten erhoben werden. Bis zur Abfassung dieses Berichtes sind an Spenden und Kollekten rund Fr. 4'600.- eingegangen, wofür wir herzlich danken. Ebenso danken wir für den Beitrag der politischen Gemeinde von Fr. 12'000.- Zum Ausprobieren konnte im Jahre 1962 ein kleines Positiv gemietet werden. Das weckte in weiten Kreisen der Gemeinde den Wunsch nach einer definitiven Orgel. Die Kirchenpflege berief als Experten und Berater Herrn Alfred Pfister, Organist an der Stadtkirche und Lehrer am Konservatorium in Winterthur. In der Kirchgemeindeversammlung vom 2. Januar 1963 wurde der erforderliche Kredit für die Anschaffung einer Orgel bewilligt.

Nun war aber auch der Ersatz der Heizung dringend geworden. Wir gelangten eines Beitrags wegen an die landeskirchliche Zentralkasse. In einer Besprechung mit Vertretern der Zentralkasse und des Kantonalen Hochbauamtes kam man zur Ansicht es müsse wohl noch einiges mehr gemacht werden. Es wurde das Architekturbüro Bosshardt, Bremi, Steiner in Winterthur mit Projektstudien beauftragt.

Zunächst schien es, als wäre es mit einer kleinen Innenrenovation getan. Aber dann zeigte es sich, dass eine Aussenrenovation noch dringlicher sei; auch der Turm erwies sich als stark renovationsbedürftig. Der Orgelstandort war ein Problem, das lange hin und her diskutiert wurde, indem der Platz sowohl im Chor, als auch auf der Empore sehr knapp war. Das Hauptproblem stellte die Finanzierung dar, als kleine finanzschwache Kirchgemeinde konnten wir nicht einmal die laufenden Ausgaben aus eigener Kraft decken. Da uns aber Hilfe von der landeskirchlichen Zentralkasse und vom Staat versprochen wurde, wagten wir es, nach langen Verhandlungen und vielem Hin und Her, am 5. November 1965 mit einem ausgereiften Projekt für eine umfassende Innen- und Aussenrenovation vor das Volk zu treten. Das Projekt hatte am Abend vorher im Modell und in Plänen besichtigt und mit den anwesenden Kirchepflegern diskutiert werden können.

Gleichwohl prallten die Meinungen in der Gemeindeversammlung hart aufeinander, begreiflicherweise, bedeutete doch die Errichtung eines neuen Turmes und die Schaffung einer kleinen Grünanlage beim Lindenplatz eine ziemliche änderung des Dorfbildes. Dazu war die Bausumme von rund einer halben Million Franken für unsere Gemeinde wohl der bisher grösste zu bewilligende Kredit. Doch sollte der Turm ja nicht ein "verrückter" neuer werden, sondern im Gegenteil einer, der besser zum Kirchengebäude passen würde als der bisherige, 1893 gebaute. Der neue war ja anhand einer Foto des ganz alten, vor 1893 bestehenden, projektiert worden. Die Grünanlage würde die Kirche ein bisschen von der Strasse und ihren lärmigen Vehikeln trennen und auch den Fussgängern einigen Schutz bieten. Und die hohe Bausumme sollte ja zum grossen Teil von den starken Schultern der Landeskirche und des Staates getragen werden. Das waren die Argumente der Befürworter und sie drangen schliesslich durch: die Abstimmung ergab 33 Ja und 24 Nein.

Anschliessend war die Baukommission zu wählen. Es gehörten ihr an von der Kirchenpflege: Ernst Bretscher (Präsident), Oskar Bucher (? 26.5.67), Jakob Fritschi jun., Wilhelm Schneider, Ernst Staub sen., Pfr. Hans R. Wismer; weitere Mitglieder waren: Lehrer Heinz Alber und Heinrich Ganz.

Am Schluss der Versammlung dankte der Pfarrer für die Zustimmung zum Projekt. Nach demokratischer Ordnung würden sich die Unterlegenen nun fügen müssen. Er sprach die Hoffnung aus, dass der Bau nach seiner Vollendung auch den Gegnern gefallen werde und bat, wegen dieser Sache in der Gemeinde nun keine Spaltung aufkommen zu lassen. Auch der Gemeindepräsident mahnte abschliessend, einander zu achten, auch wenn jemand eine andere Ansicht vertrete.

Am 11. März 1966 bewilligte die landeskirchliche Zentralkasse einen Beitrag von rund Fr. 300'000.- und am 24. März sicherte uns der Regierungsrat einen Staatsbeitrag zu. Bis schliesslich alle Bewilligungen eingeholt waren, wurde es August. Am Sonntag, den 7. August läuteten die Glocken zum letzten Mal im alten Turm; am 30. August wurde er abgebrochen und die mittlere Glocke im Friedhof in einen provisorischen Glockenträger gehängt. So konnte wenigstens wieder zu den wichtigsten Zeiten geläutet werden.

Interessant waren die archäologischen Ausgrabungen der kantonalen Denkmalpflege, die kurz nach Baubeginn einsetzten. Sie förderten Tonscherben aus der Zeit vor Christi Geburt ans Tageslicht; ein Zeichen, dass unsere Gegend schon damals besiedelt war! Im Chor fand sich ein Skelett, vermutlich die sterblichen überreste von Hauptmann Kaspar Schmid von Schloss Goldenberg, an den eine Gedenktafel in der Kirche erinnert. Ebenso entdeckte man Fundamente einer früheren, kleineren Kapelle.

Am 24. Oktober 1966 konnte die Holzkonstruktion des neuen Turmes auf den Baukörper des Kirchenschiffes aufgesetzt werden. Dies geschah mittels eines mächtigen Krans, ähnlich wie vorher der Abbruch des alten Turmes. Es war ein Ereignis, das viele Schaulustige anzog. Das Aufrichteessen fand am 16. Dezember statt.

Ein wichtiger Beschluss betraf noch die Anfertigung der künstlerischen Farbfenster. Wir beauftragten damit Kunstmaler Heinrich Bruppacher, Winterthur. Er hatte uns seine Entwürfe gezeigt und sie hatten unseren Beifall gefunden. Eine Würdigung und Beschreibung dieser Fenster wird an anderer Stelle gegeben. Dass alle Fenster biblische Themen enthalten, mag manche Gemeindeglieder über den Verlust der beiden Wandsprüche und des Christusbildes im Chorfenster hinwegtrösten.

Die Wappenscheibe im Pfarrzimmer hat ihre eigene Geschichte. Als das Kirchlein nach der Reformation 1580 wieder in Gebrauch genommen wurde, schenkte die Gemeinde Dorf, die Herrschaft Andelfingen und die Stadt Winterthur je eine Wappenscheibe. Bis 1875 blieben die drei Scheiben an der ursprünglichen Stelle. Als die Gemeinde dann Geld brauchte (wohl für die dritte Glocke und den neuen Turm von 1893) versteigerte sie die drei Scheiben für fünfhundert Franken. Bald verloren sich ihre Spuren. Zufällig entdeckte dann ein Mitbürger die Scheibe mit dem Gemeindewappen bei einem Arzt in Schlieren bei Zürich; dieser soll sie seinerzeit bei einem Händler in Paris gekauft haben. Seine Nachkommen und Er-ben stellten uns die Scheibe zu einem billigen Preis zur Verfügung und von anderer Seite wurde uns dann das Geld dazu gestiftet. Schön in Butzenscheiben gefasst hat die Scheibe nun nach langer Irrfahrt ihren würdigen Platz im Pfarrzimmer gefunden.

Wenn wir von der Baukommission die renovierte Kirche und ihre Umgebung betrachten, wenn wir das Innere betreten und wenn wir den Klang der Orgel hören, dann denken wir vielleicht zunächst an eine sehr arbeitsreiche Zeit zurück (seit Herbst 1962 über 60 Sitzungen und Besprechungen). Es erfüllt uns vor allem aber auch Freude über das sehr schön gelungene Werk und wir sind Gott dankbar dafür, dass alles gut und ohne Unfall hat vollendet werden können. Wir möchten hier auch allen am Bau Beteiligten sowie allen Behörden für ihren Einsatz danken. Ebenso danken wir der landeskirchlichen Zentralkasse und dem Staate Zürich für ihre grossen Beiträge und auch allen privaten Spendern für ihre Gaben.

Schliesslich wissen wir es dankbar zu würdigen, dass wir in einem Lande leben dürfen, wo wir frei und ungehindert Gottesdienst halten können. Möge darum die Gemeinde sich nicht nur an ihrer renovierten Kirche freuen, sondern möge sie auch in dieser Kirche gerne Gottes Wort hören und Gott danken in Gebet und Lied. So wie die kirchlichen Handlungen, Taufe, Konfirmation, Trauung, Abdankung unser Leben umfassen, und so wie der Sonntag die Woche beendet und beginnt, so brauchen wir Gott von Beginn unseres Lebens bis zu seinem Ende und darüber hinaus bis in die Ewigkeit. Daran erinnern uns die beiden runden Farbfenster auf der Empore: "Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende" (Offenbarung 22.13).

Im Auftrag der Baukommission : Pfr. Hans R. Wismer, Aktuar